I. VORBEMERKUNGEN.

- Alle bisherigen Versuche sind gescheitert, die ursprüngliche rigvedische Somapflanze (weiter nur Somapflanze genannt) durch Angaben im Rigveda (RV) zu identifizieren. O´Flaherty (1969:143) beurteilt die Ergebnisse so: „Some ingenious, some thoughtful, some obviously silly, some plausible, some vague, some stubbornly wrong-headed, some Procrustean, some groping toward the truth - but all shots in the dark.“ Das Problem wird auch als unlösbar bezeichnet. Dies ist eine solide Basis für einen gänzlich neuen Lösungsansatz. Mit Fakten aus der Biologie von Honigbienen des indo-pakistanischen Subkontinents möchte ich aus Anlaß dieser Tagung zum erstenmal die These vortragen, daß die Somapflanze eine Honigwabe war, vor allem die massige Wabe der Riesenhonigbiene (Apis dorsata Fabr.). Sie heißt auch Felsenbiene weil sie ihre einzige, bis zu zwei Metern breite Wabe bevorzugt an, aber auch in fast unzugänglichen Felsen anlegt, sozusagen vor Räubern sicher. Mir fehlen Kenntnisse des Sanskrit und meine Hauptstützen für diese Arbeit waren „nur“ Hillebrandts umfassende Analyse der Eigenschaften der rigvedischen Somapflanze (1965,I:193-289), „Graßmann“ (1996), fast immer, wenn nicht anders gekennzeichnet, Geldners RV-Übersetzung (1951) mit Index (Nobel 1957) und die zahlreichen Reaktionen auf die „Fliegenpilz-Theorie“ von Wasson (1969). Deshalb kann die philologische Komponente dieses Beitrags nicht kritisch sein. Er ist die zugegebenermaßen etwas naive Sicht eines Freundes sozialer Insekten wie Bienen, Ameisen und Termiten. In der reich illustrierten Vortragsform von Erlangen dürfte es dem qualifizierten Kenner des RV möglich sein, das für mich von Honig geradezu triefende, älteste lesbare Zeugnis indischer Literatur einmal unter meiner „Bienensicht“ zu betrachten. Deshalb wird hier auch gar nicht versucht, jede mir zwischen Aussagen des RV und bekannten biologischen Phänomenen indischer Bienen möglich erscheinende Übereinstimmung durch Zitate oder gar erschöpfende Zitate aus dem RV zu belegen, was nur unter Leitung eines Vedisten eine gute Synthese ergeben könnte. Ich konnte allerdings nicht widerstehen, ein paar RV-Stellen selbst zu interpretieren. Von Anfang an war mir klar, daß das rigvedische Somaopfer etwas mit Honig zu tun hatte, nicht unbedingt mit Met. Ich nahm Geldners Erläuterung zu „Honigpresser“ = „Somapresser“ in RV 4,3,3 wörtlich. Aus traditioneller Sicht war ich dadurch allerdings mit der undankbaren Aufgabe konfrontiert, eine Pflanze finden zu müssen, die reichlich Honig liefert, denn schon gebrauchsfertigen Honig zu pressen ist nicht sinnvoll. Die gibt es natürlich nicht. Wenn im RV eine „Honigpflanze“ gepreßt wurde, dann war die Somapflanze gar keine grüne Pflanze im heutigen botanischen Sinn. Die Sänger mußten unter der „Pflanze“, dem „Schößling“ oder „Stengel“ etwas anderes als ein botanisches Taxon verstanden haben, allerdings auch keinen Fliegenpilz. Dieses „Andere“ konnte für mich aber nur eine große, saftreiche, d.h. üppig Honig liefernde, goldene Honigwabe gewesen sein, was hier gezeigt werden soll.

 

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